Wenn es tatsächlich so förmlich zugehen sollte,
was ich nicht glaube, dann mach es so:
Von deiner Grundeinstellung her bist du jetzt eine blasiert gelangweilte routinierte Chefin.
Warte, ob einer dieser schlecht Erzogenen, sich endlich bequemt, dich zum Platz zu geleiten.
Sitzen alle steif an königlicher Tafel,
sitze korrekt:
Die Handgelenke liegen auf der Tischkante auf.
Rücke deinen Stuhl entsprechend.
Und den Rücken immer gerade. Beuge dich nicht weiter, als bis deine Nasenspitze eine Linie mit der Tischkante bildet, bei geradem Rücken!
Nun nimm die Serviette und falte sie so auf,
daß sie ein Rechteck bildet, das aus zwei Schichten besteht. Lege sie mit der Falzkante zum Bauch auf deine Schenkel. Die oberste Schicht schützt dein Beinkleid und ist für den Mund zuständig.
Die größere Innenseite für die Finger. Die Untere darfst du nicht verwenden, dann würde es beim Aufstehen peinlich, wenn das weiße Röckchen plötzlich Erdbeerflecken hat.
Verwende die Serviette vor jedem Schluck Trinken
und lege sie wieder genau so zurück.
Passiert ein Malheur, wie Gräte oder Knorpel (kann dir im besten Restaurant passieren), nimm die Serviette und verdecke die andere Hand, die so geschützt, ungeniert im Mund rumfingern darf.
Jetzt hast du aber in der einen Hand noch die Gräte,
also wird die Serviette diese Gräte dezent verdeckend bis zum Tellerrand vor Blicken anderer schützen. Übertreibe es nicht.
Kritisiere kein Malheur.
Ein ganz leicht pikiertes Lächeln genügt.
Langsam sollte es was zu Essen geben...
ich hab jetzt echt Hunger.
Wer als Erstes am Buffett zugreift,
hat zu Hause wohl nichts richtiges zu Essen...
Deshalb wartest du charmant und gönnerhaft und kannst sogar gucken, welches Besteck die Anderen nehmen.
Alles, was aus Kartoffeln besteht, darf nicht mit dem Messer geschnitten werden, es wird mit Messer und Gabel zerrissen.
Und kein Messer berührt je die Lippen!
Soße wird, außer bei Nachspeisen, nicht gelöffelt; tunke notfalls Weißbrot ein und nimm die Gabel.
Wenn du dein Besteck gerade nicht brauchst, liegen sie mit dem Griffende auf dem Tisch, die Mitte liegt am Tellerrand auf und beide zeigen von beiden Seiten zur Tellermitte.
Hast du deinen Gang beendet liegen sie alle parallel auf dem Teller, rechts ragen die Griffe über den Rand, was das Zeichen zum Abräumen für die Kellner ist.
Treibe munter Konversation, auch mit vollem Munde.
Aber kein Wort ohne Serviette!!
(streng genommen geht es darum, daß kein Anderer den Nahrungsbrei im deinem Mund sehen soll. Womit das Sprechen in den eigenen Teller ohne Serviette erlaubt wäre.)
Und keinesfalls mit vollem Munde trinken.
(Hier sähen es alle durchs Glas)
Und weil wir gerade beim Trinken sind:
Wein darfst du nur genießerisch schlürfen, wenn gerade gerade dieser Wein das allgemeine Thema ist,
nicht wenn er dir nur eingeschenkt wird.
Gibt es Fingerfood - ja, auch das kann passieren -,
dann verlange eine Schale Wasser mit Zitrone, falls die nicht schon da steht, und wasche deine fettigen Finger vor jedem Griff zum Glas und Besteck.
Beim Abtrocknen die Serviette unten lassen.
Rauche keinesfalls, solange irgendjemand noch speist. Notfalls: Ab aufs Klo.
Sind alle Partner Nichtraucher, verzichte auf das Rauchen: du zündest nicht die erste Zigarette an.
Verteile deine Aufmerksamkeit auf alle.
Laß dich nicht in ein längeres Privatgespräch mit nur Einem ein, sei der Bengel auch noch so hübsch.
Ansonsten gilt immer etwas zurückhalten.
Meide Übertreibungen und Wertungen.
Achte auch darauf, daß du nie als Letzte an einem Gang speist. Und wenn doch, lasse den Rest lieber stehen.
Versuche keinesfalls jemanden vorzugeben.
Das merkt jeder, darf sich keiner anmerken lassen und ist echt peinlich.
Sei einfach du selbst.
Da wirkliche Stärke auch Schwächen zugeben heißt, frage frank und frei alles, was du nicht weist.
Kein Mensch ist allwissend.
Also zeige dich stark.
In einem wirklich guten Restaurant wird dich der Kellner fragen, ob er dir den Fisch filetieren darf.
Wenn nicht, bittest du ihn.
Du bittest, er möge Obst und Fisch filetieren, Fleisch zu tranchieren, alles andere zu parieren.
Musst doch einmal, warte die Zeit zwischen zwei Gängen ab, so es erträglich ist.
So wünsche ich mein Beileid:
Genieße es trotzdem.